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Gabriele Basch

Trautes Heim,

wer traut sich heim?

   

Von Christa Tamara Kaul

Großformatig, rahmenlos, vordergründig monochrom und dabei gleichzeitig ganz filigran und ornamental verspielt: Die Papierschnitte von Gabriele Basch ziehen den Blick auf sich, eher unwillkürlich, ganz ohne brachiale, spektakuläre Pointen.

 

Es ist ihre zart und fast hinfällig verletzlich wirkende Gestalt, die verblüfft. Sie erinnert zunächst an elegante, riesig überdimensionierte Spitzendeckchen und weckt selbstverständlich auch Assoziationen an die im neunzehnten Jahrhundert so beliebten Scherenschnitte.  Eine geheimnisvolle Ausstrahlung umgibt die grazilen Papiergebilde zudem. Ein eigenartig indifferentes, farbiges Licht scheint aus ihnen heraus rückwärts die Wand anzustrahlen und so für einen farbig sanft kontrastierenden Hintergrund zu sorgen. Bei nahem Hinschauen erklärt sich der irreal wirkende Schimmer. Die  vorderseitig (meist) weißen Arbeiten, deren Schnittkanten sich mit der Zeit wölben und drehen wie Blütenblätter, besitzen eine farbige Rückseite, die, sofern die luftig leichten Papierschnitte ein wenig Abstand zur Wand haben und die Objekte ausreichend beleuchtet sind, die farbige Aura des Hintergrundes hervorruft. So entsteht ein Farbraum durch Reflexion. 

 

Und bei nahem Hinschauen entpuppt sich noch etwas, und zwar etwas sehr Wesentliches: Die scheinbar so idyllischen und dekorativen Spitzenmotive erzählen Geschichten, die trotz aller Ornamentik alles andere als niedlich sind. In ihnen setzt sich Gabriele Basch mit dem alltäglichen Leben, auch mit ihrem alltäglichen Leben auseinander, führt teilweise mit ihren Arbeiten sogar ein privates Tagebuch.  Sie betreibt in äußerlich eleganter Form eine hintersinnige Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Facetten unseres Alltags, mit  Konsum, Werbung, Comics und den Vorgaben von "heiler Welt". Trautes Heim mit Spitzendeckchen und Klischees: in aller Schönheit entzaubert.

 

Auszüge aus "Die romantische Taktik" und "Leinwand und Papier" von Petra Reichensperger

 

Der oftmals propagierten Einzigartigkeit einer malerischen Geste steht die Künstlerin Gabriele Basch (Jahrgang 1964) skeptisch gegenüber. Im selben Maße wie sie nicht länger von der postulierten Essenz der Malerei überzeugt ist, glaubt sie nicht mehr an das "eine wahre Bild". Seit 1993 entstehen Scherenschnitte parallel zu ihren in Mischtechnik gemalten Bildern. Basch Scherenschnitte sind jedoch kein Ausgangspunkt, sondern vielmehr Ergebnis ihrer Auseinandersetzung mit der Malerei. 

 

Zentrales Thema ihrer Arbeiten ist das Glück, das uns das Bildprogramm des heutigen Lebens verheißt: die Werbung, der Waren-Kirsch, die Poesie- und Urlaubsalben. Ihre Arbeiten thematisieren das Verhältnis zwischen dem gemalten Bild und anderen künstlichen Bilderwelten. Dabei greift sie auf Bildtraditionen zurück, die ihren Ursprung im privaten Kontext und im Genrebild haben. Baschs Bildkonzeptionen entfalten  einen Liebreiz, eine Illusionshaftigkeit und lassen zugleich Distanz zu den inszenierten Szenen des "modernen Lebens" und den "modernen Lebensbegleitern" spürbar werden. Darin liegt ihre Anziehungskraft. 

Baschs Scherenschnitte setzen weniger auf den Umriss als auf die Durchbrechung und die damit einhergehende Immaterialisierung der Bildfläche. Diese wird in zahlreiche Ornamente, in vegetabile, florale und figurative Gebilde aufgelöst. Dem Weißschnitt verwandt, sind sie in der Auflösung der Bildfläche kleinteilig, fast miniaturenhaft. Dabei besitzen sie eine Leichtigkeit und Fragilität, die besonders wirkungsvoll in der Werkgruppe "Weiß wie Schnee" zur Geltung kommt. 

 

Auf der Ebene der Theoriebildung zur modernen Kunst ist bis in die 60er Jahre hinein oft der der Versuch unternommen worden, eine Überwindung des Ornaments in den Künsten erzwingen zu wollen. Besonders in jüngster Zeit lässt sich sowohl auf theoretischer Ebene als auch in der künstlerischen Praxis wieder ein verstärktes Interesse am Ornament nachweisen. Künstler wie Gabriele Basch, Leni Hoffmann, David Reed, Philip Taaffe oder auch Marielle Mosler räumen dem Ornament einen zentralen Stellenwert in ihren Werken ein. Bedingt durch seinen historisch "ungeklärten Status", seine Scharnierfunktion innerhalb der einzelnen Gattungen und seine Diffamierung in der abstrakten Malerei ist gerade das Ornament dazu prädestiniert, Konventionen in der Kunst zu befragen. Diese Zwischenstellung in der Bewertung des Ornaments macht sich Gabriele Basch in ihren Bildern zunutze. Das den Scherenschnitt konstituierende Ornament ist nicht nur Dekor. Vielmehr führt es zur Durchbrechung der Fläche in filigrane Gebilde und trägt zur Bildung einer Bildkategorie bei. 

 

 

 

                                      

© Christa Tamara Kaul