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Werbung ist ein hartes Geschäft
Ganz neue Wege der Akquisition
Von Christa Tamara Kaul - Juni 1999
Auch und gerade im Anzeigengeschäft herrscht tiefe Rezession, jetzt in den Zeiten knapper Kassen. Um dennoch an das Geld von Inserenten zu kommen, beschreiten viele sogenannte Agenturen und Verlage ganz „neue Wege der Akquisition“.
"Werbung
ist
ein
hartes
Geschäft,
da
geht
es
oft
rüde
und
schmutzig
zu."
Mit
dieser
Kernaussage
kommt
Ulrich
Kindermann,
Inhaber
und
Geschäftsführer
der
Werbefirma
ZAK,
in
allen
Vorstellungsgesprächen
mit
Stellenbewerberinnen
schnell
auf
den
Punkt.
Offen,
sachlich,
überaus
charmant
und
vor
allem
unmissverständlich
legt
er
die
Aufgaben
der
Damen
im
sogenannten
CallCenter
dar.
Und
im
Klartext
geht
es
weiter.
„In
dieser
Branche
wird
um
jeden
Auftrag
mit
harten
Bandagen
gekämpft,
da
sind
fast
alle
Mittel
recht.
Da
gibt
es
Betrug
noch
und
noch,
da
gibt
es
schlimme
Finger.
Wir
machen
natürlich
nichts
Kriminelles,
das
ist
klar.
Aber,
wir
setzen
schon
eindeutig
auf
die
Dummheit
der
Leute.
Wir
rechnen
mit
und
leben
von
der
Dummheit
der
Leute.“
Dass sich von dieser Dummheit ganz gut leben lässt, ist offensichtlich. Und ebenso offensichtlich finden sich die Firmeninhaber mit ihrer Verdienstidee ganz toll, die beiden Vettern Ulrich und Dieter Kindermann, beide in den Dreißigern. Gemeinsam haben sie die Werbefirma ZAK mit angeschlossener Druckerei vor rund zehn Jahren in einer rheinischen Kleinstadt sozusagen als Garagenfirma gegründet und mittlerweile gemeinsam zu einem erklecklichen finanziellen Erfolg geführt. Eine goldene Nase für die beiden ist zwar nicht dabei herausgesprungen, noch nicht, aber immerhin: Die Firmenräume sind ansprechend eingerichtet, die ganz überwiegend weibliche Belegschaft gibt sich auffallend zufrieden, und das Renomee der Firmeneigentümer kann mit Karossen der gehobenen Klasse und höher gelegtem Lebensstandard herausgestrichen werden. Und nebenbei sind so, in Werbung und Druckerei zusammen genommen, im Laufe der zehn Jahre immerhin mehr als 30 Arbeitsplätze geschaffen worden.
Die
Geschäftsidee,
die
die
rund
dreißig
ZAK-Leute
-
und
die
sind
bei
weitem
keine
Ausnahme,
kein
Einzelfall
-
ernährt,
ist
denkbar
schlicht.
Aber
eben
ganz
offensichtlich
lohnend.
Arbeitsgrundlage
sind
Broschüren,
Faltblätter,
Landkarten
und
Stadtpläne,
die
von
Verlagen
und
sonstigen
Unternehmen
bzw.
Herausgebern
unterschiedlichster
Art
aus
ganz
Deutschland
veröffentlicht
worden
sind.
Diese
werden
gesammelt
und
nach
geographischen
Gebieten
geordnet,
wobei
ganz
Deutschland
in
ein
Gebietsnetz
eingeteilt
wird.
Ist
genügend
Material
für
eine
Region,
beispielsweise
für
die
niederrheinische
Stadt
Neuss
oder
die
Insel
Sylt,
zusammengekommen,
werden
alle
Inserenten,
also
Firmen,
Vereine,
Freiberufler
und
Privatpersonen,
die
eine
Anzeige
in
einem
der
von
anderen
Firmen
ganz
offiziell
und
legal
herausgebrachten
Stadtplänen,
Informationsblättern,
Vereinsbroschüren
und
sonstigen
Werbeträgern
geschaltet
haben,
angerufen.
Adresse,
Telefonnummer
und
oft
auch
noch
der
jeweilige
Ansprechpartner
stehen
ja
in
den
bereits
veröffentlichten
Anzeigen.
Und
das
klingt
dann
etwa
so:
„Schönen
guten
Tag
Herr
Tötter,
mein
Name
ist
Meier.
Ich
rufe
an
wegen
des
Korrekturabzuges
für
die
Bürger-Info
und
wollte
fragen,
ob
Sie
morgen
im
Hause
sind,
um
den
Text
gerade
noch
einmal
auf
Druckfehler
durchzuschauen.“
Katja
Meier
intoniert
diese
schon zig-tausendmal
wortgenau
am
Telefon
wiederholten
Sätze
mit
maschineller
Präzision.
Diese
Eingangssequenz
wird
mit
exakt
eingeübter
Stimmlage
und
Betonung,
einer
Mischung
aus
freundlicher
Kaltschnäuzigkeit
und
unerbittlicher
Aufdringlichkeit,
immer
gleich
abgespult,
lediglich
der
Name
des
Ansprechpartners
aktualisiert.
Täglich
dutzende
Mal,
solange
wie
sie
in
der
Firma
ZAK-Werbung
arbeitet,
und
das
sind
bei
Katja
Meier
nun
sechs
Jahren.
Nach
dieser
ominösen
Begrüßung
stutzt
der
angerufene
„Kunde“
in
der
Regel,
denn
er
weiß
von
nichts,
oder
richtiger:
kann
von
gar
nichts
wissen.
Er
hat
nämlich
noch
nie
Kontakt
mit
dieser sogenannten
Werbefirma
gehabt,
geschweige
denn
irgend
einen
Anzeigenauftrag
erteilt,
der
zu
dem
erwähnten
Korrekturabzug
hätte
führen
können.
Und
jetzt,
nach
der
ersten
mehr
oder
minder
verdutzten
Kundenreaktion,
wird’s
spannend,
denn
nun,
nach
diesem
Prolog
steuert
wieder
eines
dieser
ungezählten
kleinen
Telekommunikationsdramen
auf
den
entscheidenden
Punkt
zu,
der
darüber
entscheidet,
ob
die
Inszenierung
als
lukrative
Komödie
oder
finanzielle
Tragödie
enden
wird.
Wie in einem Theaterstück geht es nun mit einer schriftlich genau vorgegebenen Gesprächsdramaturgie weiter ...
Sämtliche Namen in diesem Beitrag sind geändert, die beschriebenen Personen und Firmen jedoch real.
Ausführliche/r Reportage/Bericht auf Anfrage
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© Christa Tamara Kaul