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Iran, das Land der weiten
Hochebenen zwischen Orient und Okzident, war seit Menschengedenken ein
Kreuzungspunkt verschiedener Kulturen und zivilisatorischer Einflüsse. Die
hier ansässigen Völker haben seit der vor- und frühgeschichtlichen Zeit
bemerkenswerte Zeugnisse materieller und geistiger Kultur hervorgebracht und leisteten
somit einen eigenständigen Beitrag zur Entwicklung der großen
altorientalischen Zivilisationen. Das legendäre Weltreich der
achaimenidischen Großkönige vom 6. bis zum 4. vorchristlichen Jahrhundert
sollte schließlich zum Ausgangspunkt jener ungebrochenen Faszination
werden, die in der Geschichtsschreibung Herodots, in Marco Polos
Reisebeschreibungen oder in Goethes "West-östlichem Diwan" zum Ausdruck
kommt. Über zwei Jahrzehnte nach der Islamischen Revolution 1979 war es
möglich geworden, dass knapp 180 kostbare Objekte vom Iranischen Nationalmuseum in
Teheran ausgeliehen wurden, um dem
europäischen Publikum die Bedeutung der vorislamischen Kultur Irans vor
Augen zu führen.
Die Ausstellung umfasste ein gewaltiges
kulturhistorisches Panorama von 7000 Jahren Zivilisationsgeschichte und
zeichnete anhand ausgewählter archäologischer Funde die wichtigsten
Entwicklungsphasen dieses uralten Kulturraums nach. Die ältesten Objekte -
zwei Tonfigurinen aus dem 7. und 6. vorchristlichen Jahrtausend -
markieren einen entscheidenden Wendepunkt der Menschheitsgeschichte: die
sogenannte "neolithische Revolution", in deren Verlauf die steinzeitlichen
Jäger und Sammler in weiten Gebieten des Nahen Ostens sesshaft wurden, um
Viehzucht und Ackerbau zu betreiben. Die darauffolgenden technologischen
Neuerungen und zivilisatorischen Leistungen der Bronze- und Eisenzeit wurden in
der Ausstellung in repräsentativ zusammengestellten Objektgruppen wie den
Chloritgefäßen aus
Shahdad, den Keramiken aus Marlik
Tepe, den berühmten
Bronzen aus
Luristan, den Edelmetall- und Elfenbeinfunden aus Ziwiye und
Hasanlu sichtbar.
In der Antike entwickelte sich das Perserreich zu
einem Vielvölkerstaat von bis dahin nicht gekannten Ausmaßen. Bereits
Kyros dem Großen gelang es, die überkommenen Ordnungsstrukturen des
gesamten Vorderen Orients neu zu gestalten und die Achaimenidendynastie
(558-330 v. Chr.) zum mächtigsten Fürstengeschlecht seiner Zeit zu machen.
In ihren monumentalen Hauptstädten
Persepolis, Susa und Parsagadae
versammelten die persischen Großkönige sagenhafte Reichtümer - in der
Ausstellung waren es vor allem die prunkvollen Silber- und Goldgefäße, die
diese höfische Repräsentationskunst beispielhaft demonstrierten.
Mit der Eroberung Persiens durch Alexander den Großen und den ihm
nachfolgenden seleukidischen Königen (312 - um 139/38 v. Chr.) gewann
griechischer Einfluss im künstlerischen Schaffen des Perserreiches
zunehmend an Bedeutung, dem sich auch die Herrscherdynastie der Arsakiden
(247 v. Chr.-224 n. Chr.) nicht verschließen konnte. Diese heute nur
schwer fassbare Periode der iranischen Kunstgeschichte wird hier durch
eine Auswahl von Skulpturen, Glas und Keramik repräsentiert. Mit dem
Herrschaftsantritt der Sassaniden (224-621 n. Chr.) erfolgte eine
bewusste Rückbesinnung auf die große kulturelle Tradition der
achaimenidischen Blütezeit. Besonders die prachtvoll dekorierten Silberschalen der
sassanidischen Periode vermittelten einen nachhaltigen Eindruck vom hohen
Entwicklungsstand des Kunstschaffens.
Silber-, Keramik- und Glasobjekte aus der
frühislamischen Zeit bildeten den Mittelpunkt der letzten Objektgruppe,
die den weitgespannten Überblick persischer Kunstgeschichte abrundete. An
ihnen wurde einerseits der Einfluss des sassanidischen Kunstschaffens
sichtbar, sie zeigen andererseits aber auch die neuen Elemente in Form und Dekor, die sich
schließlich zu einer eigenständigen islamischen Bildersprache entwickeln
sollten. Eine aufwendig gestaltete Koranhandschrift auf Pergament aus dem
9./10. Jh. als Schlusspunkt der Ausstellung symbolisierte den
Beginn tiefgreifender kultureller Veränderungen, die schließlich auch das Gebiet des
alten Iran erfassten.
Die Ausstellung wurde von dem Kunsthistorischen Museum
Wien erarbeitet und war dort vom 22. November 2000 bis zum 16. April 2001 zu
sehen. In der Kunst- und Ausstellungshalle Bonn wurde die Ausstellung vom
10. August 2001 bis zum 6. Januar 2002 präsentiert .
Quelle
der Angaben dieser Seite:
Kunst- und Ausstellungshalle Bonn
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Löwenrhyton Ekbatana
(Hamadan,
westl. Zentral-Iran) 500 - 450 v. Chr., Gold, 22,3 cm/ Ø 19,5 cm ©
Teheran, Nationalmuseum
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Becher mit drei
Widderköpfen Kalmakareh-Höhle bei Pol-i Dohtar
(Luristan,
West-Iran), 5./4. Jh. v. Chr. Silber, 23 cm/ Ø 13 cm © Teheran,
Nationalmuseum |