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Konvivialismus. Eine Debatte Hrg. Frank Adloff und Claus Leggewie transcript Verlag, 2015
264 Seiten
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Konvivialismus - Utopie guten Zusammenlebens
im Angesicht von Klimakatastrophe und
Finanzkrisen
Christa Tamara Kaul | 29.11.2015
Konvivialismus? Das ist das Streben nach der Kunst,
auskömmlich miteinander zu leben (con-vivere), den Menschen die
Möglichkeit zu geben, sich gegenseitig zu versorgen und
nachhaltig um die Natur zu kümmern. Legitimen Konflikten muss
dabei nicht zwangsläufig ausgewichen werden, doch sie sollen
gewaltfrei gelöst werden. Dies ist der Kern des „Konvivialistischen
Manifestes“ (2014 auf Deutsch erschienen), das angesichts des
gegenwärtigen Zustandes unserer Welt im Zeichen von Armut,
Hunger, wachsender sozialer Ungleichheit, Terrorismus und
Klimakatastrophen zur Umkehr auffordert und entsprechende
Debatten stimulieren will. Was ist dran an dem Aufruf und der
Debatte darüber? Neu ist die Erkenntnis wirklich nicht: Die Lebensräume und Ressourcen unserer Erde sind begrenzt und nicht unendlich ausbeutbar. Zudem spalten soziale Ungleichheit und Terrorismus Gesellschaften und Staaten. Spätestens seit 1972 ist durch den Bericht (Meadows et al. 1972) an den Club of Rome der prekäre Zustand unserer Erde weltweit bekannt. Doch waren der Klimawandel mit seinen ökologischen und sozialen Auswirkungen oder die dramatische Abnahme fossiler Ressourcen 1972 eher noch zukünftige Probleme, so sind sie mittlerweile alltägliche Realität.
Das heißt, dass wir mit der Lösung der Probleme auf globaler Ebene bisher nicht weit gekommen sind. Mensch und Natur stehen vielerorts am Rand des Ruins, Hunger und Vertreibungen sind immer noch alltäglich. Und das, obwohl ökologisch motivierte Bewegungen und Parteien in einer Vielzahl von Ländern in den letzten Jahrzehnte gegründet worden, weil viele Menschen längst begriffen haben, dass großer Handlungsbedarf besteht. Gründe dafür sind in der sozialen Spaltung von Gesellschaften sowie in Terrorismus, Bürgerkriegen und ethnischen Auseinandersetzungen sowie bei korrupten Regierungen zu finden. Und die hehre Idee der Demokratie ist weltweit mehrheitlich keineswegs verwirklicht oder steht nur auf dem Papier.
Gegen den Primat des Utilitarismus und bedingungslosen
wirtschaftlichen Wachstums Um sich abzeichnende humanitäre und ökologische Katastrophen doch noch zu verhindern, müssten grundsätzliche Änderungen menschlichen Verhaltens, d.h. Reformen der gegenwärtigen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodelle so schnell wie möglich vorangebracht werden. Im Bewusstsein dieses prekären Ist-Zustandes entwickelte sich 2010 auf einen Kolloquium in Japan eine Initiative, die eine Zusammenfassung wesentlicher Kolloquimsbeiträge ein Jahr später unter dem Titel „De la convivialité. Dialogues sur la societé conviviale à venir“ veröffentlichte. Zusammen mit Alain Caillés kleinem Band „Pour un manifeste du convivialisme“ (ebenfalls 2011 erschienen) und vor allem unter starker Bezugnahme auf die Schriften von Ivan Illich gaben die Beiträge den Anstoß zur Debatte über den Konvivialismus, Der österreichisch-amerikanische Philosoph und Soziologe Illich, ein scharfer Kritiker der modernen Technik- und Wachstumsgläubigkeit, hatte den Begriff der Konvivialität schon 1975 in seinem Buch »Selbstbegrenzung« (im Orig. „Tools for Conviviality“) geprägt. In seinem Gesellschaftsentwurf geht es darum, dass Menschen, Institutionen und Gesellschaften „vernünftige“ wirtschaftliche und technische Wachstumsbeschränkungen in die Tat umsetzen sollten, um dem – unter anderem von Erich Fromm propagierten – „Sein“ den Primat vor dem „Haben“ zu sichern.
Auf dieser Basis veröffentlichte 2014 eine Gruppe
überwiegend französischer Intellektueller das „Konvivialistische Manifest“
(www.lesconvivialistes.fr),
das eine
positive Vision menschlichen Miteinander-Lebens (con vivere)
postulliert..
Hrg. Frank Adloff und Claus Leggewie
transcript Verlag, 09/2015, 264 Seiten, kart. http://www.diekonvivialisten.de/manifest.htm
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© Christa Tamara Kaul
© Christa Tamara Kaul