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Felix Hasler: Neuromythologie – Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung
2012, transcript Verlag, kart.,

22,80 Euro,

ISBN 978-3-8376-1580-7

 

 

Neuromythologie    -    Gegen die

 

weltbildgebende Deutungsmacht der Hirnforschung
 

Christa Tamara Kaul     -     November 2012

 

 

Keine Frage, die Neurowissenschaften haben in den letzten Jahrzehnten beeindruckende Erkenntnisse gewonnen und in der öffentlichen Wahrnehmung einen wahren Triumphzug angetreten. Kaum eine Forschungsdisziplin will heutzutage noch ohne das Präfix „Neuro“ auskommen – neben der Neurobiologie, Neurophysiologie und Neuropharmakologie über die Neuropathologie und Neuropsychologie gibt es mittlerweile auch die Neuroästhetik, Neuroökomomie und Neurotheologie – um nur einige von vielen zu nennen. Was bisher fehlte, war die Neuromythologie. Doch diese Lücke kann jetzt als geschlossen gelten.

Felix Hasler heißt der Mann, promovierter Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalist, der seit Langem in der Hirnforschung tätig ist und nun mit seiner neuesten Publikation „Neuromythologie“ (1) diesen Dienst ziemlich umfassend erwiesen hat. Da er unter anderem zehn Jahre in der Arbeitsgruppe Neuropsychopharmacology und Brain Imaging an der
Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, alias Burghölzli, gearbeitet hat und derzeit an der Berlin School of Mind and Brain  der Humboldt-Universität in Berlin forscht, weiß er also, wovon er spricht und schreibt.

Vom Unbewussten zum Alleswissen

"Die Macht des Unbewussten" hieß eine Dokumentation, die das WDR-Fernsehen Mitte Oktober 2012 ausstrahlte und die mit der Aussage beworben wurde, dass „über 90 Prozent von allem, was wir täglich machen, unser Gehirn quasi ohne uns“ erledigt. „Unbewusst, oft ohne dass wir es merken.“ Zwar wurde denen, die sich schon länger, wenn auch nicht unbedingt professionell, mit neuronalen Prozessen befassen, nichts wirklich Überraschendes geboten –  Benjamin Libet ließ deutlich grüßen – doch wurde immerhin der aktuelle Stand der Hirnforschung zum Thema Unbewusstes allgemeinverständlich zusammengefasst und mit teilweise aufschlussreichen Szenen belegt.

Bemerkenswert waren jedoch nicht nur die vorgestellten Forschungsergebnisse über das Zusammenspiel von Hirnstrukturen, Transmittern und neuronalen Schaltkreisen hinsichtlich der Lenkung menschlichen Verhaltens, sondern noch mehr die streckenweise geradezu euphorisch verkündeten Zukunftsprognosen der conditio humana. So verkündete ein Allan W. Snyder, immerhin Direktor des renommierten
Centre For the Mind in Sydney, mit großer Begeisterung, dass „wir“ aufgrund des sich abzeichnenden Forschungsergebnisse, die nicht zuletzt auf einer von ihm entwickelten nicht-invasiven Hirnstimulation (non-invasive brain stimulation) beruhen, bald in der Lage sein würden, neue Denkmuster zu entfalten, um dann endlich „Menschen so zu sehen, wie sie wirklich sind“.

Menschen so sehen, „wie sie wirklich sind“? Eine wahrhaft phänomenale Prophezeiung!

 

 

Vollständige Rezension auf Anfrage: ctkaul@t-online.de

 

 

© Christa Tamara Kaul